Am 24. November kamen wir am frühen Abend nach einer entspannten Fahrt mit unserem sehr guten Driver in Madurai im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu an. Hier ist es bei weitem nicht so schön wie in Tiru, sondern stinkend und lärmig, aber sogar hier gefällts mir. Das Hotel „The Madurai Residency“ ist auch okay für zwei Nächte, vor allem hat es eine Dachterrasse, von der aus man eine recht gute Aussicht auf das Gewusel runter und hinüber zum Tempel hat. Wir haben Madurai als Zwischenstation ausgewählt, weil die Fahrt nach Thekkady, unserem nächsten Ziel, uns mit insgesamt etwa 15 Stunden sonst zu lange gewesen wäre. So übernachteten wir zweimal in Madurai und hatten einen Tag, um uns den berühmten Minakshi-Tempel anzuschauen. Er ist Minakshi, der lokalen Erscheinungsform der Göttin Parvati, und Sundareshvara (Shiva) geweiht, die dem Mythos zufolge in Madurai geheiratet haben sollen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Shiva-Tempeln steht in Madurai nicht Shiva, sondern die Göttin im Mittelpunkt der Verehrung.

Wikipedia meint dazu: Der Minakshi-Tempel zählt zu den herausragendsten Beispielen für die dravidische Tempelarchitektur. Die ältesten Teile des Minakshi-Tempels stammen aus der Pandya-Zeit des 12.–13. Jahrhunderts, seine heutige Gestalt erhielt der Tempel im Wesentlichen während der Nayak-Herrschaft im 16.–17. Jahrhundert. Wie es für diesen Baustil kennzeichnend ist, hat der Tempel einen rechteckigen Grundriss und ist nach geometrischen Prinzipien aufgebaut. Der mit über sechs Hektar sehr weitläufige Tempelkomplex besteht aus drei konzentrischen Bereichen, die um die beiden Sundareshvara und Minakshi geweihten Hauptschreine herum aufgebaut sind. Im Inneren des verwinkelten Tempelkomplexes befinden sich zahlreiche weitere Bauelemente, darunter Korridore, mehrere große Säulenhallen und ein Tempelteich. Die zwölf hoch aufragenden Gopurams (Tortürme) des Tempels sind mit üppigem und bunt bemaltem Figurenschmuck ausgestattet und beherrschen weithin sichtbar das Stadtbild Madurais. Auch der Stadtgrundriss Madurais richtet sich nach dem Minakshi-Tempel, welcher den Mittelpunkt der Altstadt bildet und von mehreren konzentrischen Ringstraßen umgeben wird.

Der Gott Shiva hat neben seinen aus der hinduistischen Mythologie bekannten Erscheinungsformen zahlreiche lokale, auf einen bestimmten Tempel beschränkte Manifestationen mit jeweils eigenen Charakteristika und einem eigenen, mit dem Ort verknüpften Mythos. In Madurai wird Shiva als Sundareshvara („der schöne Herr“) bzw. Chokkar („der Schöne“) verehrt. Zudem gilt der Minakshi-Tempel neben dem Nataraja-Tempel von Chidambaram sowie den Tempeln von Tirunelveli, Tiruvalangadu und Courtallam als eine von „fünf Tanzhallen“ (Pancha Sabha), in denen Shiva in seiner Erscheinungsform als Nataraja seinen kosmischen Tanz aufführt.

Leider ist im Tempel das Fotografieren verboten. Ein einmaliges Erlebnis ist dafür aber das Prozedere, um am Tempeleingang seine Sachen abzugeben: zuerst muss man auf der rechten Seite anstehen, 500 Rupien bezahlen, und kann dann dort seinen Rucksack (in meinem Fall die Fototasche) abgeben. In einem dicken Buch (diese Bücher lieben die Inder, das haben wir inzwischen gemerkt) muss man Namen, Adresse und Handynummer eintragen und erhält dann eine Plakette mit einer Nummer für die Rückgabe. In der Mitte könnte man nochmals anstehen, um für ein paar Rupien seine Schuhe abzugeben (ich verpackte sie wohlweislich vorher in einer Tüte im Rucksack). Und dann muss man links, wo das meiste Gedränge herrscht, nochmals anstehen, um sein Handy abzugeben (100 Rupien pro Handy). Und natürlich wird auch das akkurat in ein Buch eingetragen und die Teile (allesamt Smartphones) werden in einem kleinen Schließfach aufbewahrt. Erst danach darf man hinein und man wird auch nochmals abgetastet und durchleuchtet, wobei ich bezweifle, dass das Durchleuchtungsgerät noch funktioniert.

Dass man im Tempel nicht fotografieren darf, ist wirklich sehr schade, denn die Schreine mit ihren Figuren, geschmückt mit Blumen und farbigen Pulvern, sind wirklich wunderschön und die Anlage erhaben. Auch dort drinnen umfängt einen diese wohlige Atmosphäre, ein willkommener Gegensatz zu dem Krach und Gestank draußen. Wir besuchten noch das Tempelmuseum, wo leider nichts beschrieben ist, schon gar nicht auf englisch, von dem ich aber annehme, dass es in den zahlreichen Glasvitrinen die originalen, über 500 Jahre alten Bronzefiguren beherbergt sowie einige sehr schlne Wandgemälde. Ich habe versucht, rund um den Tempel herum einzufangen, wie nahe Schönheit und Hässlichkeit in Indien häufig nebeneinander liegen: Handymasten und kunstvoll-kriminell verkabelte Strommasten schieben sich überall vor die altehrwürdigen Tempeltürme und Götterfiguren und bilden eine surrealisitsche Kombination.

Rund um den Tempel reihen sich Stände mit Baumwollstoffen (offenbar eine hiesige Spezialität, es wimmelt auch von Schneidern, die ihre Dienste anbieten und direkt auf der Straße an ihren schönen, fußbetriebenen alten Nähmaschinen sitzen), Glitzerschmuck, Früchten, Food und Plastikramsch aneinander. Mir haben es die Lungis angetan, die die indischen Männer tragen und ich kaufte mir für Zuhause drei in sehr schönen Farben, sowie Geschenke für meine Lieben. So liefen wir einmal rund um den Tempel, wo es zum Glück verkehrsfrei ist – welch eine Erleichterung! Dann zurück ins Hotel und diesen Abgas-Dreck abwaschen! Den Rest des Tages ließen wir auf der Dachterrasse ausklingen und ich fotografierte das Panorama mit dem Sonnenuntergang, bevor die Sonne in einer Smog-Schicht verschwand.